Nie wieder Krieg! Emanzipation statt Entfremdung

Programm für die Wahlen zum Fachschaftsrat Sozialwissenschaften – Liste: Kritische Fachschaftsaktive Sozialwissenschaften [Download]

“Wer seine Lage erkannt hat, wie soll der aufzuhalten sein?”

Lob der Dialektik, Bertolt Brecht 1934

Wir brauchen eine friedliche und soziale Wende statt Armut und Krieg. Dafür sind wir hier als Studierende der Sozialwissenschaften von Bedeutung. Der Fachschaftsrat soll wieder zum dem Ort werden, an dem wir das Studium und die Ausrichtung der Wissenschaft von unten kritisch verändern.

Vorbilder lassen sich in der Geschichte unseres Fachschaftsrats finden. So wurde im SoSe `69 durch den Fachschaftsrat Soz/Pol (heute Sozialwissenschaften) eine Alternative zu elitärer Kultur, rechtskonservativen Profs, hochschwebendem Theorie-Wirrwarr und der Wiederbewaffnung der „alten“ deutschen Gesellschaft geschaffen: Selbstqualifikation der Studierendenschaft zur kritischen Positionsbildung für eine soziale und friedliche Transformation der Gesellschaft wurde in den Fokus der Lehre insgesamt gerückt, sie dienten somit kollektiven Erkenntnisgewinn. Die Proteste für Frieden und soziale Progression waren Teil der 68er-Bewegung in Hamburg. Sie verursachten einen Kulturwandel in der BRD zu dem sich, sage und schreibe, auch die Entspannungspolitik und die Einführung des BAföG zählen lassen (damals für >40% der Studierenden). Zeit, an diese Geschichte anzuknüpfen!

Die strukturellen Konkurrenzgebote im Alltag, auch hier am Campus, stehen dabei im direkten Kontra zu Entfaltung der persönlichen Bedeutung und dem kritischen Studieren. Denn Ellenbogenkultur, Angst vor Fehlern und steigende Armut (77% der Studierenden leben unterhalb der Armutsgrenze) fördern Vereinzelung und mentale Belastung und schränken kritische Reflektion und gemeinsames Engagement ein. Das ist politisch gewollt und sozial hergestellt, um die Mehrheit der Bevölkerung als billige und konforme Arbeitskräfte im Dienst der Profite einiger Weniger zu halten. Die Überwindung dieser Entwicklungsblockade für ein würdiges Leben der großen Mehrheit der Menschen liegt in unserer Hand. Vernunft, Solidarität und Geschichtsbewusstsein schaffen begründete Zuversicht. Das ist Ausgangspunkt für die Emanzipation der Vielen. Der von uns erarbeitete Reichtum kann auch wieder in Bildung, Kultur und Soziales gehen, anstatt in den Rüstungsaufbau und die Geldbeutel einiger Weniger.

Dafür braucht es auch eine Studienreform zum Abbau von Prüfungen und eine Lehre, in der als Teil des Forschungsbetriebs gearbeitet wird, anstatt für die nächstbeste Schublade.  U.a.  wurde bis in die 2000er in Seminaren eine jährliche qualitative Konfliktanalyse über die aktuellen Kriege und ihre Ursachen erarbeitet und vom Arbeitskreis Kriegsursachenforschung (AKUF) veröffentlicht. Das braucht es wieder!

Gerade die letzten Jahre machen vor allem eins deutlich: Die Gesellschaft muss menschlicher werden. Eine friedensbewegte und sozial-kritische Initiative aus den Sozialwissenschaften sollte Teil dieser erfreulichen gesellschaftlichen Gestaltung werden. Alle sind eingeladen und aufgerufen, dabei mitzumachen!

Plakat »Nie wieder Krieg«, 1924 Käthe Kollwitz

Forderungen und Aktivitäten

Wir wollen, dass unser Fachbereich wieder ein Ort des belebten politischen Austauschs und Wirkens für Verbesserungen wird; wir wollen, dass der Fachschaftsrat das einladende organisierende Zentrum dafür wird, wo wir mit allen Kommiliton:innen zusammenkommen und unsere Verbesserungsanliegen diskutieren und verwirklichen.

BAföG für Alle und soziale Verbesserungen

Als Teil der Kampagne „BAföG für Alle!“ kämpfen wir für eine bedarfsdeckende, elternunabhängige, herkunftsunabhängige, unbefristete und rückzahlungsfreie Studienförderung. Kritisches gesellschaftliches Eingreifen unter würdigen Lebensbedingungen sollte ermöglicht werden. Dafür braucht es mehr und günstigere Wohnheimplätze und auch Mensaessen und Mobilität muss bezahlbar und ohne Digitalzwang sein. Das ist Teil der sozialen Kämpfe in allen gesellschaftlichen Bereichen. Im Kämpfen bilden und erstreiten wir unsere Würde.

Ausbau der Friedenswissenschaften

Wir wollen die Kriegsursachen verstehen, um sie zu überwinden und die Kriege in Nahost, der Ukraine und überall zu beenden.  Es braucht den Wiederausbau der OSZE-Forschung für ein kooperatives Zusammenleben in ganz Europa. Das ist – wie in den 80ern zur Beendigung des kalten Kriegs – gelebte wissenschaftliche Diplomatie. Der Auf- und Ausbau von rein zivilen Kooperationen mit Universitäten und Studierenden in Palästina und Israel ist Friedensbildung der Bevölkerung und notwendig zur Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung. Dazu wollen wir in Seminaren arbeiten und den Arbeitskreis Kriegsursachenforschung (AKUF) stärken. 

Gedenklesungen als antifaschistischer Widerstand

Eine aufgeklärte freudvoll streitbare Kultur am Fachbereich ist entscheidend für engagiertes Wirken gegen rechte Kräfte. Dafür machen wir jährliche Gedenklesungen aus den von den deutschen Faschisten verbrannten Büchern mit Lehrenden, Verwaltungspersonal und Studierenden. Die Literatur, die damals den Faschisten gefährlich war, ist heute Grundlage für ein Nie wieder! und damit für soziale und friedliche Veränderung von Gegenwart und Zukunft.

Wiedereinführung der Internationalen Kriminologie

Resozialisierung statt restriktiver Haftstrafen, Völkerverständigung statt Feindbildkonstruktion, Solidarität statt Kriminalisierung und die Überwindung der strukturellen Gewalt statt Sündenbockideologie, Hetze und Verrohung – für all das ist die Wiedereinführung des interdisziplinären Studiengangs Internationale Kriminologie an der Uni Hamburg unverzichtbar. Dafür braucht es eine langfristige finanzielle Perspektive für die Internationale Kriminologie und eine bedarfsdeckende Finanzierung der gesamten Universität. Hierfür können wir aus der Geschichte der Hamburger Kriminologie schöpfen und auch daraus, wie sie erkämpft wurde.

Studienreform: Reduzierung von Prüfungen und Benotung, Einführung des Projektstudiums

Die Sozialwissenschaften sind neu gefordert die Welt nicht nur zu beschreiben, sondern stetig zu verbessern und dafür aktiv einzugreifen. Die soziale Ungleichheit, die Entscheidungsfrage Frieden statt Krieg betrifft uns alle und unsere Positionen, Gedanken und Ideen sind entscheidend. Ein Projektstudium ist entsprechendes forschendes Lernen, wo wir Fragestellung und Forschung gemeinsam entwickeln und die Ergebnisse der öffentlichen Diskussion zugänglich machen mit Filmen, Ausstellungen oder Publikationen. Die Orientierung an Prüfungen, Benotung und Regelstudienzeit sind demgegenüber organisierte Depression und Entfremdung. Wir wollen das Studium an unserem gemeinsamen Interesse ausrichten!

Orientierungseinheiten kritisch gestalten

Die Orientierungseinheiten sind in den 80er Jahren von Studierenden erwirkt, um die Universität als gestaltbaren Ort, die soziale Lage als gemeinsame und die Wissenschaften als politische Gestaltungskraft verstehbar zu machen. Dafür wollen wir uns in der OE die historische Gewordenheit der Uni erarbeiten (historischer Campusrundgang), ihre sozial umkämpfte Gegenwart (BAföG und Ausfinanzierung der Uni, kritische Studieninhalte) und einander als Mitstreiter kennenlernen. Schon ab der OE haben wir Bedeutung, dafür zu wirken, dass wir alle gut wohnen und studieren können und das Studium ein erfreuliches ist.

Renovierung des Pferdestalls – für eine ausfinanzierte Uni

Streitbare Kontroverse und belebter Austausch auch zwischen den Seminaren unter Studierenden und Lehrenden ist förderlich für wissenschaftliche Erkenntnisbildung und eine gute Fachkultur. Der Pferdestall (AP1) sollte daher schnellstmöglich wieder Ort der Sozialwissenschaften werden mit Seminarräumen, studentischen Räumen, Büros und Bibliothek unter einem Dach. Dafür braucht es eine Ausfinanzierung der Universität statt Schuldenbremse und Rüstungshaushalt.

Wahlberechtigt sind Studierende von: BA und MA Soziologie, BA und MA Politikwissenschaft, Nebenfächer Soziologie und Politikwissenschaft und Unterrichtsfach Lehramt Sozialwissenschaften

Wir kandidieren als offene Liste – alle sind herzlich eingeladen mitzukandidieren, mitzumachen und mittwochs zu unseren regelmäßigen Treffen dazu zu kommen!